Ausgabe: Juni 2022
Wie bereits im undKinder 108 angekündigt, wollen wir es nicht bei einer Ausgabe zum Thema Spielen belassen. Denn Spielen ist Vielfalt pur. Sowohl im Erleben wie in der Reflexion von Spiel zeigen sich rund um einen Kern ganz verschiedene Facetten. Diese sind - wenn auch nicht abschliessend - in den unterschiedlichen Beiträgen in diesem und dem letzten Heft wunderbar dargestellt. Beim Nachdenken über das vorliegende Editorial haben mich zwei Themen beschäftigt. Ich bin zum Schluss gekommen, dass sie eng zusammenhängen. Erstens ist es der Versuch, die Essenz des eben postulierten Kerns von Spielen zu fassen. Und zweitens die Frage nach dem Verhältnis von Langeweile und Kreativität. Letztere treibt mich nicht zum ersten Mal, aber jetzt verstärkt um, seit eine Kitaleiterin mich kürzlich als Reaktion auf das Heft «Spielen 1» darauf angesprochen hat. Die Kollegin - sie führt eine hoch geschätzte Kita, die zum Netzwerk Bildungsort Kita gehört - meinte, die Bedeutung von Langeweile sei in Vergessenheit geraten und das Phänomen geradezu verpönt. Äussere ein Kind «mir isch längwilig», zuckten Fachpersonen heute innerlich zusammen, weil sie quasi professionelles Versagen aufdecke. Tatsächlich gelten das Gestalten anregender (Lern-) Umgebungen sowie die aufmerksame Begleitung beim Entdecken der Welt, Spielen und Lernen heute als zentrale erzieherische Aufgaben in der frühen Kindheit. Dies gilt für die pädagogische Methode der Bildungs- und Lerngeschichten (BULG), die wir seit mehreren Jahren verbreiten, wie für das verwandte infans-Konzept. Mit jeweils anderen Akzenten gilt es ebenso für Frühpädagogik, die sich an Montessori oder Steiner/Waldorf orientiert. Letztlich ist selbst die spielzeugfreie Kita eine Variation, die gut in dieses pädagogische Selbstverständnis passt. Sie steht zwar dem Gedanken nahe, dass aus Leerstellen Mehrwert entstehen kann. Sie ritzt aber nach meinem Verständnis mit der Idee der Suchtprävention die Zweckfreiheit des Spielens.